… von antiken Stätten und kulinarischen Genüssen …

Außer diesem schönen Beginn ging es für uns noch nach Delphi, Patras und ganz entspannt an den Strand. Von der antiken und archäologischen Stätte Delphi, die in der Antike als Mittelpunkt der Welt galten und dessen Ausgrabungen zum UNESCO Weltkulturerbe gehören, sind wir etwas enttäuscht. Die Anlage liegt spektakulär in den Hügeln, sind aber leider nicht mit dem Rollstuhl zu besichtigen. Immerhin ist das Museum bequem über eine breite Rampe zu erreichen. Dieses bietet zwar sehr berühmte Fundstücke und für Menschen, die sich etwas intensiver mit der griechischen Mythologie beschäftigen, ist es sehr interessant. für uns als Laien war es eher ermüdend. Dafür hat uns auf der Rückfahrt das sehr leckere Abendessen mit fangfrischem Fisch im Meeresfrüchte-Restaurant Eliopoulos im Fischerdörfchen Monastiraki direkt am Meer entschädigt. Einen großen Parkplatz fanden wir zudem direkt nebendran. Als willkommen Kontrast ließen wir den Tag darauf bei schönem, sonnigen Wetter am Chiliadou Beach, wenige Kilometer von unserer Wohnung entfernt, die Seelen baumeln. Wir stellten unser Fahrzeug im vorderen, nicht offiziellen Strandabschnitt ab und mussten eigentlich nur noch den mit Schlaglöchern übersäten Feldweg überqueren. Wir machten es uns am Strand bequem und konnten so richtig entspannen, da wir weit und breit die einzigen waren. Als mich meine meinem Assistenten ins Wasser verfrachtet hatten, war es mal wieder eine schöne Abkühlung, wobei ich mir etwas mehr Wellengang gewünscht hätte.

Einmal auf den Peloponnes und wieder zurück

Unser Ausflug auf den Peloponnes nach Patras, wichtige Hafenstadt und drittgrößte Stadt Griechenlands war auch noch sehr spannend. Hier pulsiert das Leben mit seinen vielen Kneipen, Cafés, Plätzen zum Verweilen und Sehenswürdigkeiten. Eine davon ist zweifellos die griechisch-orthodoxe Kathedrale im neobyzantinischen Stil mit ihrem Schutzpatron, dem Heiligen Andreas. Sie ist die größte Kirche Griechenlands und beeindruckt mit imposanten Gemälden und Verzierungen sowie von außen mit den zahlreichen Kuppeln. Die bekannte Burg mit schöner Aussicht über die Stadt ist teilweise barrierefrei; leider hat die Anlage nur bis 15:30 Uhr geöffnet und wir kamen zu spät. Dennoch konnten wir den auf einem schönen Platz noch genießen. Auf der Rückfahrt nahmen wir den Weg über die beeindruckende Rio-Antirio-Brücke, ihres Zeichens längste Schrägseilbrücke der Welt, und mussten glücklicherweise nur einen Anteil der saftigen Mautgebühren bezahlen.

Bevor wir uns auf die lange und anstrengende Rückfahrt machten, legten wir einen entspannten Tag ein und ich drehte noch mal eine Runde durch unser beschauliches Dorf. Am Tag der Abfahrt besorgten wir uns noch leckeren griechischen Honig und verabschiedeten uns herzlich von unserem Vermieter. Diesmal nahmen wir die ausgebaute Autobahn und waren recht schnell wieder in Igoumenitsa. Als kleiner Wermutstropfen wurde ich nochmals ganz nach Vorschrift ordentlich zur Kasse gebeten. Dafür blieb noch genügend Zeit, um noch mal Depranos Beach zu genießen und nicht danach mit meinem Freund Dimi im Restaurant Barbarossa direkt am Strand zu treffen. Wir genossen die gemeinsamen Momente unter einem wunderschönen Sonnenuntergang, bevor wir uns auf zum Fährhafen machten.

Eine Rückfahrt, die ist lustig

Dann begann leider der stressige Teil der Rückfahrt: morgens hatte ich es schon befürchtet, abends war mir dann endgültig klar, dass mein Dauerkatheter verstopft ist. Für den Gang zum Arzt war keine Zeit mehr und zu allem Überfluss hatte die Fähre zwei Stunden Verspätung. Somit musste ich noch ganz schön lange meine Schmerzen aushalten, bis wir dann in der Kabine auf dem Schiff mittels Einmalkatheter endlich Abhilfe schaffen konnten. Die Anwendung hatte ich einen meiner mich begleitenden Assistenten in weiser Voraussicht vorher üben lassen. Als kleine Entschädigung für die ganzen Umstände konnte ich vor der Ankunft in Ancona sogar einmal auf das Sonnendeck der Fähre fahren und den beeindruckenden Blick auf die grenzenlose Weite des Mittelmeeres sowie den wolkenlosen Himmel genießen. Etwas wehmütig fuhr ich nach der Ankunft von der Fähre mit dem Wissen, dass ich Griechenland auf jeden Fall ein zweites Mal besuchen werde.

Tolle Strände und noch viel mehr

Griechenland hat aber noch mehr zu bieten außer dem Meer, Bergen und antiken Städten. Mein persönlicher Favorit sind die Klöster von Meteora, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören. Die Klöster-das älteste Bauwerk geht auf das 11. Jahrhundert zurück-sind auf riesigen Sandsteinfelsen gebaut. Meteora erinnert an das Elb-Sandsteingebirge, ist aber noch spektakulärer und mit Bildern kaum zu greifen. Die gesamte Anlage besteht aus 24 einzelnen Klöstern, von denen heute nur noch sechs bewohnt sind. Die restlichen achtzehn Klöster sind entweder kaum zu erreichen oder wurden wegen Einsturzgefahr verlassen. Nur zwei Klöster sind mit dem Auto zu erreichen und wir steuerten eines davon an. Dank einer handvoll kleiner Alurampen, die vor Ort vorhanden waren, kam ich mit meinem E-Rollstuhl bis ins Kloster und konnte mir jahrtausendealte Schriften und Dokumente anschauen. Nach Meteora waren wir gut zwei Stunden unterwegs, diesmal mit meinem Vater an Bord, da einer meiner Assistenzkräfte planmäßig zurückflog. Es ging einen großen Teil über die Autobahn, die in Griechenland privat betrieben wird. Immer wieder hielten wir an einer Maut-Station, wobei beim Vorzeigen des Parkausweises die freie Durchfahrt oder zumindest eine Vergünstigung gewährt wird.

Die Autobahnen sind oftmals in besserem Zustand wie in Deutschland, was man von den Landstraßen nicht unbedingt behaupten kann. Mancherorts gibt es auch Straßen, die wie bessere Feldwege anmuten, vor allem außerhalb städtischen Bereichs. In den Städten selbst fanden wir erfreulicherweise immer wieder Behindertenparkplätze. Auf dem Rückweg kehrten wir dann noch in einer kleinen Taverne ein, von außen wie ein besseres Kiosk anmutend, aber die gute Google-Bewertung sollte recht behalten. Eine junge Frau verwöhnte uns in touristischem Ambiente mit einigen griechischen Köstlichkeiten, einfach, aber wahnsinnig lecker und preisgünstig. Ansonsten stand bei uns sehr oft frischer Fisch auf dem Programm, unter anderem in einem kleinen Fischerdorf. Der Service war meistens sehr gut, in einer Kneipe wurde mir sogar ein wichtiges Spiel meines Lieblings-Fußballklubs gezeigt – allerdings nur, weil die basketballverrückten Griechen vorzugsweise abends unterwegs sind.

Nafpaktos – ein schönes Städtchen mit geschichtsträchtigem Hintergrund

Die zweite Etappe meiner Griechenland-Reise führte nach Nafpaktos bei Patras, nachdem zwei andere Assistenzkräfte von mir eintrafen. Ich hatte eine kleine Airbnb-Wohnung gebucht und auf den Bildern sah alles ziemlich toll aus. Ich sollte nicht enttäuscht werden, denn in Elia House im dörflichen Managouli abseits der Stadtmitte von Nafpaktos war es sehr schön und ruhig, umgeben von viel Natur. Ganz zu schweigen vom Gastgeber-selten hatte ich es mit so einen netten und hilfsbereiten Vermieter zu tun. Eine halbe Stunde vor unserer Ankunft gaben wir ihm Bescheid und von einem leicht auffindbaren Treffpunkt aus ist er uns bis zur Ferienwohnung vorausgefahren. Genau genommen zwei kleine Ferienwohnungen nebeneinander, eine davon ideal für mich als Rollstuhlfahrer. Klein, aber mit E-Rollstuhl machbar; ein Pflegebett und ein Lifter sind allerdings nicht vorhanden. Als Begrüßungsgeschenk gab es frisch gebackenen Kuchen von der Schwiegermutter des Vermieters und frisch gepflückte Orangen. Was auch noch hervorzuheben ist: Er hatte seinen Onkel dabei, der fließend Deutsch spricht und selbst ein barrierefreies Hotel besitzt, https://villa-sevasti.de/. Einerseits gab mir das ein gutes Gefühl, andererseits konnte er mich auf sein Hotel aufmerksam machen. Somit also eine WIN-WIN Situation 😊

Für den kommenden Tag bot uns der Vermieter an, uns etwas von Nafpaktos zu zeigen. Zusammen mit seiner Frau machten wir eine kleine Runde bis zur Hafenpromenade mit antikem Hafen und bekamen eine Einführung in die geschichtlichen Hintergründe der Stadt sowie gute Unterhaltung geboten. Die Befestigung der Stadt mit der imposanten venezianisch geprägten Burg ist beeindruckend und konnte erst 1499 von einem 150.000 Mann starken Heer der Osmanen eingenommen werden. In einem der zahlreichen Cafés wurden wir sogar vom Besitzer eingeladen und bekamen ein dünnes Kochbuch mit typisch griechischen Gerichten geschenkt. Auf dem Rückweg erwischte uns ein heftiger, länger anhaltender Regenschauer und wir mussten unterstehen. Ohne zu zögern bot uns mein Gastgeber an, seine Schwester anzurufen, um meinen Assistenten mit ihrem Auto schnell zum Parkplatz meines Busses zu fahren. Wenig später war ich dann in meinem Bus und somit im Trockenen.

Igoumenitsa und die Küstenstraße Richtung Süden

In der Innenstadt von Igoumenitsa kam mir mein Kumpel Dimitrios genannt Dimi mit seinem Bus entgegen und wir fuhren gemeinsam zu seiner Wohnung am Rand der Stadt. Die geniale Komposition aus dem Meer mit wunderschönen Stränden und dem hügeligen bis bergigen Hinterland in sattem Grün, teils bewaldet mit vielen Olivenbaum-Plantagen und anderen wunderbaren Gewächsen sollte uns die nächsten 18 Tage begleiten. Die Reisezeit Ende Mai außerhalb der eigentlichen Saison sollte sich als Volltreffer herausstellen. Denn zum einen lagen die Temperaturen durchschnittlich bei angenehmen 25° und es kühlte auch abends nicht zu sehr ab. Zum anderen hatten wir die Strände für uns alleine. Die Sache rund gemacht hat die grenzenlose Gastfreundschaft, wie ich es noch nie in diesem Maße habe. Angefangen mit dem Aufenthalt bei Dimis und seinem hilfsbereiten Assistenzteam. Nach guten Gesprächen und typisch griechischem Essen, starteten wir am nächsten Tag ausgeruht zu den Acheron Springs, eine Flusslandschaft im hügeligen Hinterland. An diesem idyllischen Ort in der Natur erblickten wir viele Orangen- und Zitronenbäume auf den Wiesen und stellten den Bus an einer Campingwiese mit Kiesstrand am Fluss ab. Ich genoss den Nachmittag in vollen Zügen und mein erstes Mal in einer Hängematte setzte dem Ganzen die Krone auf. Ganz entspannt machten wir einen Abstecher nach Parga mit seiner sehr schönen Hafenpromenade und einer reichhaltigen Auswahl an Restaurants. Am nächsten Tag stand Dodona auf dem Programm, ein antikes griechisches Heiligtum und Orakel, welches auf das 3. Jahrhundert vor Christus zurückgeht. Hier von den grünen Bergen des Tomaros-Gebirges umgeben konnten wir auch ein gut erhaltenes Amphitheater bestaunen und uns von der exzellenten Akustik überzeugen

Herrliche Natur, Berge und das Meer

Auch das Küstenstädtchen Syvota gehörte zu unserem Programm. Ein nettes kleines Städtchen mit Tourismus, aber trotzdem wunderschön in einer Bucht gelegen mit einem kleinen süßen Hafen und einigen Restaurants. Wer ein bisschen genauer sucht, stößt bald auf einen malerischen Strand mit glasklarem Wasser wie in der Karibik. Über einen kleinen Umweg vorbei an wunderschön blühenden Pflanzen und viel Natur und einem relativ steilen geteerten Stück am Ende, schaffte ich es auch mit meinem Rollstuhl in den Palmbeach Club am Gallikos Molos Beach. Auch der Zugang zum Strand war kein Problem. Es war ein echtes Highlight für uns, von Igoumenitsa aus die Küste entlang Richtung Süden zu fahren -vor allem wenn die Straße etwas höher gelegen verläuft, sind die Ausblicke auf die vielen verwinkelten Buchten und das Meer schier atemberaubend. Wie gut, dass es kaum ein Land mit mehr Küstenkilometern gibt. Unter anderem verweilten wir noch am wunderschönen Agia Paraskevi beach. Hier ließ ich es mir nicht nehmen, mich bei 20° Wassertemperatur abzukühlen. Aber auch in Igoumenitsa direkt gibt es einen genialen Strandabschnitt; Depranos Beach, eine langgezogene Landzunge mit viel Campingflächen und Sand wie im Bilderbuch.Generell empfehlen sich für Rollstuhlfahrer besonders die als explizit rollstuhlgerecht ausgeschriebene Strände. Dort ist in den Sommermonaten ein System installiert, bei dem der Nutzer mit einem Sitz über eine spezielle Holzrampe wie auf Schienen ins Wasser gefahren wird https://seatrac.gr/en/map/.

Mit der Fähre nach Griechenland- ein Traum wird wahr

Ein Assistent und guter Freund legte mir mehrmals Griechenland als Reiseziel nahe. Da ich aufgrund meines hochsensiblen E- Rollstuhls das Fliegen skeptisch sehe, schien dieses Ziel außer Reichweite. Ein griechischer Kumpel aus Heidelberg, der in Igoumenitsa eine barrierefreie Wohnung besitzt, weckte meinen Ehrgeiz und die Abenteuerlust.

Die Möglichkeit, ein Teil der Route nach Griechenland mit einer großen Fähre mit Kabinen speziell für Rollstuhlfahrer im Liegen zurückzulegen, war für mich ausschlaggebend. Aufgrund seiner Skoliose kann ich nur begrenzt im E-Rollstuhl sitzen. Die entscheidende Frage war, ob ich auch mit seinem E-Rollstuhl in die Kabine komme. Nachdem ich sichergestellt hatte, dass ich bei beiden großen Fährunternehmen, die von Italien nach Griechenland fahren, die Kabine nutzen kann, stand dem Trip nichts mehr im Wege. Natürlich war die Organisation der Reise sehr aufwendig, da ich auch auf mögliche technische und medizinische Notfälle vorbereitet sein wollte. Im Ernstfall war es für mich wichtig, ärztliche Anlaufstellen zu kennen, was Dank meines griechischen Freundes gar nicht so schwer war. Da das staatliche Gesundheitssystem Griechenland nicht so gut ausgebaut ist, kann es gut sein, auf eine private und dementsprechend teure Institution zu treffen. Deshalb empfehle ich allen Menschen mit Behinderung dringend, eine günstige Auslands-Krankenversicherung abzuschließen. Bezüglich meines E-Rollstuhls habe ich die sensibelsten Teile mitgenommen und mich versichert, dass mein Rollstuhlmechaniker und mein Spezialist für die Elektronik in meiner Reisezeit für telefonische Beratung und Hilfestellung erreichbar sein würden. Ein geeignetes Sanitätshaus und einen Pannendienst für E-Rollstuhlfahrer, der europaweit agiert, konnte ich leider nicht ausfindig machen.

Gute Vorbereitung ist alles

Für den notwendigen Zwischenstopp habe ich dieselbe airbnb-Wohnung am Comer See gebucht wie letztes Jahr bei meinem Italien-Urlaub. Denn das Jahr zuvor war ich in derselben Wohnung eines sehr netten und engagierten Vermieters. Mitte Mai ging es mit einem bewährtem Reiseassistent und vollgepackten Kleinbus endlich los. Eine weitere Assistentin sammelten wir erfolgreich in Luzern ein und absolvierten den Rest der 1. Etappe mit Bravour. Am nächsten Tag wurde es erstmals etwas abenteuerlich. Aufgrund der verheerenden Überschwemmung in der Po-Ebene war die Autobahn nach Bologna gesperrt und wir machen plötzlich mit zwei Stunden unruhig konfrontiert. Damit war unser Zeitplan dahin und die rechtzeitige Ankunft am Fährhafen Ancona in Gefahr. Da wir die letzten 300 km ohne Pause und in höchstmöglicher Geschwindigkeit absolvierten, haben wir es noch geschafft. Obwohl ich schon Online-Tickets hatte, mussten wir noch mal vor Ort einchecken, aber dafür wurden auch meine Bedürfnisse ohne Probleme berücksichtigt.

Wir durften als eines der ersten Fahrzeuge an Bord und wurden so eingewiesen, dass für mich genügend Platz war, über die Klapprampe aus dem Auto zu fahren. Um mit einem Teil unseres Gepäcks in die Kabine zu kommen, holte meine Assistentin an der Rezeption des Schiffes Hilfe. Bald darauf kam ein Bediensteter und schleuste uns über einen Mitarbeiterzugang und einen Aufzug zur Rollstuhlkabine. Um zu diesem Zugang zu gelangen, war noch eine recht hohe Schwelle zu überbrücken, was glücklicherweise mit meiner leichten Klapprampe kein Problem war. Auf der Rückfahrt holten die Service-Leute ohne Aufforderung zwei kleine Alu-Blechrampen hervor. Dies unterstreicht, dass die Fährunternehmen prinzipiell auch auf schwere E-Rollstühle ausgerichtet sind. Allerdings würde ich persönlich -sofern man im Auto unterwegs ist- auf Nummer sicher gehen und eine mobile Klapprampe mitnehmen. Eine solche kann der oder die reisende E-RollstuhlfahrerIn unterwegs immer gebrauchen. In der Kabine war genügend Platz für den E-Rollstuhl und ausreichend Bewegungsspielraum für die Assistenz, um mich ins Bett zu legen.  Die andere Assistenz-Kraft hat in meinem Bus übernachtet. Sanftes Schaukeln begleitete unsere Überfahrt und am nächsten Morgen sind wir recht entspannt in Igoumenitsa angekommen. Wir durften länger in der Kabine bleiben wie anderen Gäste ohne Wege und wurden dann abgeholt und zum Auto eskortiert.

Die Reise-Saison kann beginnen!

Als weitgereister E-Rollstuhlfahrer kann ich euch das „Handicapped Reisen-Handbuch“ Herz legen. Natürlich ist es meist günstiger, sich selbst eine passende Urlaubsunterkunft zu suchen. Hat meistens auch mehr Urlaubs-Charme 😉 Eine gute Grundlage und ein paar sinnvolle Tipps für Regionen und Unterkünfte halte ich aber trotzdem für sehr sinnvoll.

Als super Ergänzung empfehle ich deshalb die Lektüre des „Handicapped Reisen-Handbuchs“ https://www.handicapped-reisen.de/ mit seinem Ratgeberteil, den Beschreibungen zahlreicher Reiseziele sowie den vielen detaillierten Unterkunftspräsentationen. Es ist die ideale Lektüre zur Vorbereitung eines Urlaubes mit Rollstuhl bzw. E- Rollstuhl. Es finden sich darin gute Tipps, was vor einer Reise zu beachten ist. Nicht nur für Deutschland bietet es einen sehr guten Überblick, wo es sich durchaus lohnt, einmal hinzufahren. Manchmal muss man gar nicht so weit wegfahren. Wem es nicht nach Abenteuer und unschönen Überraschungen steht, für den sind die Tipps der rollstuhlgerechten Unterkünfte äußerst nützlich.“

Meine Erkenntnis des Tages: Beim Reisen mit dem E-Rollstuhl ist eine gute Vorbereitung alles!

Reisesommer, wir kommen!!

Eine gefühlte Ewigkeit ist der Himmel über Deutschland nun schon grau, hinzu kommen Horrormeldungen vom mutierten Coronavirus aus England und der Impfstoff ist ein überaus rares Gut – kein Wunder, wenn man da Depressionen bekommt. Aber genug davon! Zum Glück ist der Frühling nicht mehr ferne und die Hoffnung auf Reisen im Sommer ist längst nicht tot.

Wenn ich auf letztes Jahr zurückblicke, war der Sommer sehr angenehm und meiner kleinen Deutschland-Tour nach Dresden und Berlin stand nichts im Wege. Dresden – schon lange stand die schöne Stadt an der Elbe mit ihrer wunderschönen Altstadt auf meiner Reise-Agenda. Unweit von den berühmten Sehenswürdigkeiten wie dem Zwinger, der Frauenkirche und der Semperoper hatte ich für mich und meinen Vater ein barrierefreies Doppelzimmer im gediegenen Hotel Martha gebucht. Kann ich nur jedem/r E-Rollstuhl-FahrerIn empfehlen, sofern er/sie kein Pflegebett benötigt. Vor allem der Service beim Frühstück auf der Terrasse und der einzigartige sächsische Dialekt waren ein Genuss. Zumal wir eine der wenigen Gäste waren und somit das Hotel und die Frühstücksterrasse gefühlt für uns alleine hatten – irgendein Vorteil muss Corona ja bieten.

Dresdens Altstadt ist einfach einmalig

Ich mache einen Blick ins Reisetagebuch: Nach einer sehr erholsamen ersten Nacht geht es aus dem Hotel raus, die Straße hoch und schon steht uns der schöne Albertplatz mit Kirche und zahlreichen Restaurants offen. Weiter, die Albertstraße hinunter, die mit weiteren einladenden Einkehrmöglichkeiten aufwartet bis zur Elb-Brücke. Von dort aus blicken wir gebannt auf die beeindruckende Dresdner „Skyline“ mit ihren nach Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wiederaufgebauten Sehenswürdigkeiten. Nach einer kurzen Besprechung gehts weiter mitten hinein ins Vergnügen. Der omnipräsente Friedrich August I., genannt „August der Schtoorke“, der die Stadt wie kein Zweiter prägte, ist kaum zu übersehen. Unter ihm errang Dresden durch den Dresdner Barock und den opulenten Hoffesten des Dresdner Hofes die kulturelle Bedeutung, die es bis heute hat.

Dann stehen wir auf einmal vor der riesigen Frauenkirche. Dank Corona darf ich mit meinen Begleitern als Erstes rein, bevor ein paar Minuten später alle anderen Besucher hereinkommen. Imposant, der Blick durchs Rund und an die Decke. Unweit der Frauenkirche lassen wir es uns danach im Eiscafé gut gehen. Danach gehts weiter übers Kopfsteinpflaster, das durch die gute Federung und die großen Reifen meines E-Rollstuhl erträglich ist. Wir fahren zum Zwinger und schließlich bis zur Semperoper. Dort gibt es leider momentan keine Konzerte, aber eine interessante Führung. Das freundliche Servicepersonal schickt uns über eine Rampe zu einem Seiteneingang.

Die Semperoper von Innen ist ein Muss

Die Führung übernimmt eine äußerst engagierte Mitarbeiterin, die sehr viel Rücksicht auf mich nimmt und immer wartet, bis ich in Position bin und freie Sicht habe. Einmal muss ich an einem kleinen Treppenübergang stehen bleiben und von dort aus ihren Worten lauschen. Regelmäßig schaut sie zu mir hinunter und spricht auch in meine Richtung. Die Frau hat wirklich verstanden, was eine inklusive Führung ist.

Die sehr schöne und empfehlenswerte Schlösser-Schifffahrt ist ebenfalls mit E-Rollstuhl möglich – falls man das richtige Schiff wählt. Am letzten Abend genießen wir noch mal den Albertplatz mit köstlichen Tapas und leckerem Rotwein. Am nächsten Morgen packen wir schon wieder zusammen und auf gehts zum großen Garten, der „Grünen Lunge“ Dresdens. Dort treffe ich meine beiden Assistenten, die mich nach Berlin weiterbegleiten. Ich kann die riesige Grünanlage jedenfalls wärmstens für alle RollstuhlfahrerInnen empfehlen.

Meine persönliche E-rkenntnis des Tages: Reisen während Corona ist keine Utopie-garantiert auch nicht in diesem Sommer.

Die E-Gebrauchsregel des Tages: Man kann Führungen von Sehenswürdigkeiten exklusiv oder inklusiv durchführen.

Teil 6: Wehe wenn der Zug ausfällt…

Für die Abreise ist alles klar und alles fertig gepackt, sodass wir uns recht entspannt Richtung Bushaltestelle bewegen. Wir genießen noch mal eine kurze Fahrt mit dem Bus durch die Straßen von Barcelona bei strahlender Sonne und sind echt traurig, dass es schon wieder nach Hause geht. Dafür Läuft alles nach Plan, wir sind super pünktlich am Bahnhof und wollen uns für den Einlade- Service in den Zug anmelden. In dem Moment kommt eine Bahn-Mitarbeiterin geradewegs auf uns zu und redet in spanischer Sprache vehement auf uns ein. Eine Assistentin von mir, die gut spanisch spricht, verzieht das Gesicht und sagt uns das Unvermeidliche: Die Frau hat uns gerade mitgeteilt, dass der Zug ausfällt…!! Ich brauche einen Moment bis ich es realisiere und bin erst mal kurz geschockt. Ich kann es nicht glauben, aber jetzt hat uns der Streik der französischen Bahn doch noch erwischt, verdammter Mist 🙁 Wir werden ins Reisezentrum der spanischen Bahn geschickt, wo man uns informieren will, wie es weitergeht. Meine spanisch sprechende Assistenten macht einem Mitarbeiter deutlich, dass die Zeit drängt. Da wir sicher den Anschlusszug in Paris verpassen werden, müssen wir uns zumindest für eine weitere Nacht eine Unterkunft organisieren – in Barcelona oder Paris. Wir warten eine gefühlte Ewigkeit und schauen gebannt auf drei Bahnmitarbeiter hinter einem großen Bildschirm, die sich gerade wegen dem Zugausfall die Köpfe heißreden.

Dann endlich kommt einer der Mitarbeiter auf uns zu und erklärt uns, dass höchstwahrscheinlich zwei Stunden später ein weiterer TGV fährt. Mir ist das zu unsicher und ich rufe meinen Vater an. Er hat einen französischen Kollegen, der sich für die Kommunikation mit der französischen Bahn bestens eignet. Die Antwort ist ernüchternd: Die französische Bahn kann nicht bestätigen, dass heute ein weiterer TGV fährt und empfiehlt, erst zwei Tage später zu fahren. Das ist schlicht unmöglich, da auch meine Assistentinnen mal eine Pause brauchen und eigentlich schon verplant sind. Von der deutschen Bahn erfahren wir ebenfalls, dass kein Zug mehr fährt. Wir sind bedient und am schlimmsten ist die Ungewissheit.

der Stress hat Spuren hinterlassen 🙂

Aber es hilft ja nichts und wir bereiten uns auf den Ernstfall vor. Bei der Unterkunft in Barcelona fragen wir an, ob wir theoretisch länger bleiben können. Das würde gehen, aber wir präferieren eher die Lösung, eine Nacht in Paris zu bleiben. Unsere Nerven sind ganz schön angespannt und wir versuchen, uns vor dem Bahnhofsgebäude etwas abzulenken. Das gelingt nicht wirklich gut und ich mache fast einen Unfall, indem ich eine hohe Bordsteinkante übersehe und meinem Rollstuhl fast zum Umkippen bringe.

Ein ungeplanter Zwischenstopp in Paris kann sich lohnen

Die Lösung mit Zwischenstopp in Paris ist zwar nicht ideal, aber als wir die Gewissheit haben, dass der Zug tatsächlich fährt, sind wir sehr erleichtert. Bleibt nur noch eine Sorge: Wo schlafe ich in Paris? Ich schreibe meinem Papa eine Nachricht, dass uns der französische Kollege noch mal helfen muss. Nach einer Stunde kommt die erlösende Nachricht: Ein Doppelzimmer ist für uns reserviert im Holiday Inn, genau gegenüber vom Gare de l’Est. Das ist sozusagen die Rettung, da ich am nächsten Tag sehr früh am Bahnhof sein muss. Dann sind die Chancen höher, dass ich noch einen Rollstuhlplatz bekomme. Die Bahn kann mir denselben für so eine kurze Vorlaufzeit leider nicht garantieren, sodass ich einfach Glück haben muss.

In Paris dauert es noch ganz schön lange, bis ich ausgeladen werde, aber sonst läuft alles ganz gut. Im Hotel lasse ich mich allerdings ziemlich entkräftet ins Bett legen und setze mich nur für einen kleinen Snack noch mal in meinen Rollstuhl. Mittlerweile sind wir wieder erstaunlich entspannt und genießen die Aussicht aus unserer „Spontan-Residenz“ auf den Bahnhof. Plötzlich klingelt mein Handy und mein Papa ist dran: „Wo seid ihr denn?“, Ich: „Naja, im Holiday Inn“, mein Papa: „Schon klar, ich meine in welchem Stock, ich stehe unten!“ Wie genial ist das denn, mein Papa ist öfter geschäftlich in Paris und diese Woche ist natürlich Paris-Woche. Ein Teil der Familie trifft sich also mal eben spontan in Paris 🙂 🙂 🙂 Wir haben ein „Riesen-Hallo“ und es gilt natürlich nur ein Thema. Außerdem bekommen wir noch ein paar Insider-Tipps, auf was wir am nächsten Morgen am Bahnhof achten sollen.

Da wir nur über die Straße müssen, sind wir am nächsten Morgen tatsächlich überaus pünktlich im Bahnhofsgebäude. Da wir eine Bestätigung der spanischen Bahn zu dem Zugausfall haben, läuft alles problemlos. Bei der Servicestelle für Menschen mit Behinderung kümmert man sich sofort um uns. Wir bekommen sogar noch einen Hinweis, wo ich mir die Unkosten für den Zwischenstopp lassen kann. Dann bringt uns der gute Mann schon ans Gleis zum bereits wartenden Zug, das Ende unserer Odysee nähert sich tatsächlich dem Ende. Nur der Zugführer scheint etwas dagegen zu haben. Er hat ernste Bedenken, mich mitzunehmen, „da Sie ja in Mannheim nicht mehr aussteigen können“. Er macht sich große Sorgen, dass sich das Zugniveau zu weit unterhalb vom Bahngleis befindet und ich die Schräge kaum überbrücken kann. Zum Glück kann ich ihn beruhigen: „Das ist kein Problem, in Karlsruhe war die Situation genauso und mein Rollstuhl hat es locker gepackt!“ Dann geht die Fahrt los und wenige Stunden später ziemlich zu Hause.

Meine persönliche E-rkenntnis des Tages: Kühlen Kopf bewahren, wenn der Zug ausfällt! Irgendwie kommt man immer ans Ziel – auch im E-Rollstuhl

Die E-Gebrauchsregel des Tages: Liebe Bahnangestellte: Lassen Sie am besten den E-Rollstuhlfahrer selbst entscheiden, wo er es sich zutraut, auszusteigen.

Was danach geschah:

Zuhause ließ ich die erlebten Eindrücke sacken. Eine Woche später arbeitete ich die ganze Sache auf und stellte einen Antrag bei der französischen Bahn, um die Unkosten durch den Streik ersetzt zu bekommen! Dann stellte ich einen Antrag beim Servicecenter Fahrgastrechte der Deutschen Bahn. Obwohl ich das PDF-Formular sehr sorgfältig ausfüllte und alle Kopien selbiger Tickets mit schickte, war die Antwort sehr ernüchternd. Das Servicecenter hatte jeweils nur die Zeitverzögerung der Einzelstrecken berücksichtigt und nicht die der Gesamtstrecke bzw. Gesamtreise, bei der die Zeitverzögerung bekanntermaßen einen Tag betrug!! Ich ärgerte mich aber nur kurz und beschloss, nicht aufzugeben. Ein Anruf beim Servicecenter fahrgastrechte brachte mir zwar nicht ein, aber ich bekam den Tipp, den Fall bei der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. einzureichen. Das zog zwar ein weiterer bürokratischer Akt nach sich, dafür würden sich jetzt Rechtsexperten damit befassen. Das Schlichtungsverfahren ist zwar kostenlos, man muss jedoch mit einer sehr langen Wartezeit rechnen. In meinem Fall hat sich das Warten mehr als gelohnt, da ich tatsächlich die Hälfte des Preises für die Rückfahrt gut geschrieben bekam.

Außerdem war es mir ein Anliegen, der Deutschen Bahn ein Feedback zur Reiseorganisation zu geben. Die Mobilitätszentrale leitete meine Anfrage an den Kundendialog weiter und ich bekam tatsächlich eine sehr höfliche und sachdienliche Auskunft. Meine Anmerkungen zur Verbesserung wurden dankend angenommen und es wurde mir versprochen, dass die deutsche Bahn diese Defiziten verbessern möchte. Na dann mal schauen, die nächste Reise folgt bestimmt… Zumindest ist es sehr erfreulich, dass Kritik angehört und an Verbesserungen gearbeitet wird.

Wichtige Links:

Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V.: https://soep-online.de/index.html

Servicecenter Fahrgastrechte: https://www.fahrgastrechte.info/Fahrgastrechte-Info-Ein-Service-der-Eisenbahnverkehrsunternehm.6.0.html

https://www.bahn.de/p/view/service/auskunft/fahrgastrechte/fahrgastrechte_schlichtung.shtml

Reklamation Französische Bahn: svcservicereclamation@sncf.fr

Teil 5: Spaß muss sein- Mit dem E-Rollstuhl auf den Sandstrand

Der Strand von Barcelona darf auf keinen Fall bei meiner Reise fehlen. Es ist ein würdiger Abschluss meines Aufenthalts. Nach dem Besuch im Meerwasser-Aquarium sind wir bereits am Hafen von Barcelona. Wir bestaunen einige Luxusyachten, vor allem diejenige mit Hubschrauberlandeplatz -verrückt wie viel Luxus Mensch braucht… Dann lege ich noch einige 100 m am Hafen zurück, irgendwann beginnt die Strandpromenade, an der zahlreiche Verkäufer Schmuck, Tücher und sonstige Kleinigkeiten an den Mann bzw. die Frau bringen wollen. Um schneller an den Sandstrand zu gelangen, nehmen wir eine Abkürzung durch ein kleines Stadtviertel, in dem man die Meeresluft regelrecht einatmen kann … Wenig später erblicken wir nur noch Sand und Meer. Über einen Weg aus Holzpaneelen gelange ich auf dem Strand näher ans Meer. Ich fahre weiter bis ans Ende des Weges und habe sofort nur noch einen Gedanken: Einmal möchte ich auf dem Sand mit meinem E-Rollstuhl ein paar Pirouetten drehen.

Mithilfe meiner Assistentin fahre ich ganz vorsichtig den Absatz von den Holzpaneelen herunter und stehe auf Sand. Mit ein bisschen Anschubhilfe nehme ich Schwung auf und die Fahrt geht los. Es funktioniert erstaunlich gut und am besten ist es, wenn ich nicht abstoppe. An einer Stelle, wo der Sand etwas weicher ist, fahre ich eine Kurve und mache ein bisschen langsamer-eine schlechte Kombination 🙂 ein Hinterrad meines Rollstuhls dreht durch. Aber mit vereinten Kräften schaffen es meine Assistentinnen, dass der Rollstuhl weiterfährt. Nach dem dritten Mal „Stecken Bleiben“ ist Schluss mit lustig!

Genug habe ich aber immer noch nicht und fahre weiter an der Strandpromenade entlang, die jetzt wie eine topfebene Rennbahn vor mir liegt. Ich reize es voll aus und mir wird witzigerweise genau jetzt das erste Mal bewusst, dass mein Rollstuhl viel schneller läuft wie gedacht – ich bin begeistert. Scheinbar hat es der Rollstuhlhersteller gut mit mir gemeint und die mögliche Höchstgeschwindigkeit des Motors nicht gedrosselt. Ein paar Meter weiter gelange ich dank einer breiten und nicht besonders steilen Rampe problemlos von der Promenade bis auf den Sandstrand hinunter. An dieser Stelle ist es bis direkt ans Meer geteert und ich genieße es in vollen Zügen. Kurz bevor wir den Heimweg in Angriff nehmen wollen, treffe ich einen netten E-Rollstuhlfahrer aus Belgien. Es stellt sich heraus, dass er dieselbe Erkrankung wie ich hat und um einiges jünger ist. Als wir uns verabschieden, erzählt er mir noch von seinem Stadionsbesuch beim FC Barcelona und ich bin ehrlich gesagt etwas neidisch. Schade, dass ichdieses Highlight verpasst habe. Allerdings bin ich noch ganz beschwingt von meiner Strand-Tour und freue mich auf meinen letzten Barcelona-Abend.

Meine persönliche E-rkenntnis des Tages: Mit dem richtigen E-Rollstuhl ist auch die Fahrt auf Sand möglich. Für Risiken und Nebenwirkungen übernehme ich keine Verantwortung.

Die E-Gebrauchsregel des Tages: Die Strandpromenade und der Strand von Barcelona sucht dringend Nachahmer 🙂

Fotos: David Schäfer und privat

Teil 4: Barcelona und noch viel mehr

In der Stadt gab es natürlich unzählige schöne Dinge und Unternehmungen, die wir zur Auswahl hatten. Von wunderschönen Gebäuden, über die berühmteste Promenade Barcelonas „Las Ramblas“ und den Strand bis hin zu vielen schönen Parks und Grünflächen mit musizierenden Menschen ist in dieser Stadt alles dabei. Dieses entspannte Flair inspirierte uns mehrmals zu einem gemütlichen Picknick und Chill-Out. Gut essen ist im Land der Paella ebenfalls überall möglich, unter anderem gibt es auch diverse rollstuhlgerechte Restaurants. Speziell am bedeutendsten Architekt Barcelonas, Antoni Gaudí , kamen wir nicht vorbei und das war auch gut so. Denn die von ihm maßgeblich geprägte Kirche Sagrada Familia ist schlichtweg atemberaubend und kaum in Worte zu fassen. Mehr interessante Infos zur Kathedrale und deren Besichtigung sowie weitere Details zur Erkundung von Barcelona erfahrt ihr übrigens in meinem Artikel der Zeitschrift „Gepflegt Durchatmen, Ausgabe 45, Juli 2019.

Blick vom Park de Güell auf Barcelona

An dieser Stelle möchte ich auf jeden Fall noch den wunderschönen Park de Güell, ein weiteres Meisterstück von Gaudí, erwähnen. Ein Muss für jeden Rollstuhlfahrer ist auch ein Ausflug mit dem Bus auf den Montjuïc, den Hausberg von Barcelona. Auf dem Gipfel befindet sich das Castell de Montjuïc, eine große Verteidigungsanlage aus dem 18. Jahrhundert, wo heute regelmäßig interessante Veranstaltungen stattfinden. Von hier genossen wir eine Traumaussicht auf den Hafen, das Meer und die Stadt.

Auch ein Besuch im botanischen Garten ist sehr zu empfehlen. Bei diesem Tipp darf eine kleine Anekdote, wie die Menschen in Barcelona touristischen Gästen aus dem Ausland das Leben vereinfachen, nicht fehlen. Bei unserem Besuch im botanischen Garten fahren wir erst mal zum falschen Eingang, nämlich zum Eingang des Instituts vom botanischen Garten in Barcelona. Um den langen Weg zum Haupteingang zu vermeiden, klingelt meine Schwester beim Pförtner. Sie nutzt ihre guten Spanischkenntnisse und redet zu unserem Vergnügen eindringlich auf ihn ein. Und siehe da: Das große Tor öffnet sich und er schleust uns quasi durch den „Hintereingang“ in den botanischen Garten. Wir feiern die Situation und sind bester Stimmung! Meine Schwester erklärt uns, dass der Mann es streng genommen nicht hätte machen dürfen, für uns aber ein Auge zugedrückt hat. Ganz nebenbei sparen wir uns noch den Eintritt 🙂

Meine persönliche E-rkenntnis des Tages: Barcelona ist sehr rollstuhlgerecht und man kann fast alles auch mit dem E-Rollstuhl erleben.

Die E-Gebrauchsregel des Tages: Wenn du hier in Deutschland nicht weißt, wie du ausländischen Gästen unkonventionell und effektiv weiterhilfst, dann mache unbedingt einen Inspirations-Besuch in Barcelona!

Zwei Geheimtipps zum Essen gehen:

https://tienda.garlana.es/

http://www.losbellota.com/start

Las Ramblas und Montjuïc, Fotos: Florian Müller

Teil 3: In Barcelona wird Inklusion gelebt, nicht gesprochen

Die  dritte entscheidende Frage der Barcelona-Reise betraf die Kosten. Mir war bewusst: Durch die rollstuhlspezifische Unterkunft und die lange Zugreise würden einige Kosten auf mich zukommen. Etwas Geburtstagsgeld und Unterstützung meiner Eltern haben das Ganze erleichtert. Zudem habe ich für den Mehraufwand, der mir durch meine Assistenz entsteht, finanzielle Unterstützung beim Sozialamt beantragt. Für die meisten Assistenten ist es schwierig bis unmöglich mit mir im gleichen Raum zu schlafen, da mein Beatmungsgerät deutlich hörbare Geräusche macht. Ohnehin ist es nötig, dass sie auch einen Rückzugsraum haben. Deshalb bin ich bei Reisen auf eine Unterkunft angewiesen ist, die mindestens zwei Schlafzimmer hat. Entscheidend für eine Förderung ist die Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben. Dies ist laut dem Gesetzgeber vor allem dann gegeben, wenn der Antragsteller mit Behinderung Kontakte zu Menschen ohne Behinderung knüpfen kann, neudeutsch könnte man auch Inklusion dazu sagen 🙂

Ich dachte nach, ob ich das ohne großen bürokratischen Aufwand begründen könnte: Mir fiel spontan ein, dass ich mich bei Unternehmungen in einer fremden Stadt nicht um Alltagsdinge wie Organisation der Assistenz, Bürokratie und Arbeit kümmern muss. Dadurch habe ich ganz einfach mehr Zeit und Möglichkeiten, Mitmenschen ohne Behinderung zu begegnen! Und wer in einer Großstadt unterwegs ist, bekommt automatisch Kontakt mit Menschen ohne Behinderung, d.h. er erlebt Inklusion! Und bei diesem Gedanken kam mir plötzlich ein Geistesblitz: Ich werde am Beispiel Barcelona schauen, welche Fortschritte bei der Inklusion in Spanien erreicht wurden und was wir in Deutschland davon lernen können. Langfristig -so meine Idee- kann ich durch den Input meiner Auslandserfahrungen dazu beitragen, die Inklusion bei uns vor Ort zu verbessern. Ich fragte nach bei Barcelona-Enabled, ob sie mein Vorhaben unterstützen würden. Und tatsächlich, der Verein stellte mir schließlich den Kontakt zur Selbsthilfeszene her. So konnte ich einmal einige Mitglieder des Kulturnetzwerks Barcelona im Zuge ihres regelmäßigen Stammtisches treffen. Dabei habe ich bemerkt, dass sehr viele Menschen ohne Behinderung bei diesem Netzwerk engagiert sind. Das Netzwerk kümmert sich intensiv um Inklusion und organisiert diesbezüglich einige Veranstaltungen und Treffen.

… meistens geht’s schwellenlos in die U-Bahn rein und raus

Ohnehin stellte ich bei der Erkundung der Stadt eine ausgeprägte Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung Barcelonas und einen großen Wille zur Inklusion fest. Der öffentliche Nahverkehr ist dafür ein gutes Beispiel. Das Busnetz ist gut ausgebaut und alle Busse sind rollstuhlgerecht. Zudem gibt es recht viele U-Bahn-Stationen, die mit dem E-Rollstuhl nutzbar sind. Die vielen flachen und glatten Wege im Zentrum machten es mir sehr angenehm, die Stadt zu erkunden. Vor allem aber die Menschen sind äußerst „inklusionsfähig“: Wir haben wirklich in jeder schwierigen Situation auf Anhieb eine Person gefunden, die uns unkonventionell Hilfe anbot. Auch wenn die Mittel in manchen Fällen etwas beschränkt waren. Aber wie sagt man so schön: Der Wille zählt!

Dazu habe ich folgende kleine Anekdote auf Lager: Schon zu Beginn meiner Reise nehme ich mir einen Ausflug auf einen der wichtigsten Aussichtshügel Barcelonas, den Tibidabo, vor. Obwohl uns keiner eine gescheite Verbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nennen kann, ziehen wir los. Nach einer gefühlten Odyssee kommen wir endlich an eine Bushaltestelle, von wo Busse zum Tibidabo hinauffahren. Als der Bus kommt, sind wir aufgrund seines Rollstuhlsymbols sehr erfreut! Allerdings sehen wir im nächsten Moment die Stufen in den Bus und die Hoffnung schwindet. Der Busfahrer gibt uns zu verstehen, dass wir mitfahren sollen. Als ihm meine Schwester auf Spanisch die Problematik schildert, lässt er immer noch nicht locker. Er will uns inklusive mir unbedingt mitnehmen. Wahrscheinlich hätte er auch noch einige starke Männer organisiert, um mich in den kleinen Bus zu hieven. Zwar schade, dass der Ausflug ins Wasser fällt, aber trotzdem sind wir begeistert von dieser bedingungslosen Hilfsbereitschaft.

… überall super angenehmer Untergrund für Rollstuhlfahrer

Soweit so gut, kommen wir noch mal zum Beginn dieses Artikels und stellen uns folgende Frage: Wieso ist ein Zuschuss für meine Reisen überhaupt an ganz spezielle Bedingungen geknüpft und wieso reicht ein einfacher Nachweis des Mehraufwandes, der offensichtlich ist, nicht aus. Zumal meine Reisen den Kopf frei machen, neuen Input geben und mich für den Alltag mit neuer Energie aufladen. Ein Großteil der Bürger Deutschlands hat weit weniger Hürden zu überwinden, wenn er eine Reise machen will. Ich habe außerdem nicht die Möglichkeit, einfach so kostengünstig wie möglich zu verreisen, weil bei mir als E-Rollstuhlfahrer eben bestimmte Bedingungen erfüllt sein müssen. Leider laufe ich als Sozialhilfeempfänger und unterliege deshalb bei der Förderung einer Reise sehr strengen Maßstäben. Die Hintergründe und Diskussionen, wieso das so ist, würden an dieser Stelle eindeutig zu weit führen und sind stark politisch geprägt.

Meine persönliche E-rkenntnis des Tages: Es hat sich gelohnt, die Inklusion in Barcelona intensiver zu begutachten-sie ist vorbildhaft.

Die E-Gebrauchsregel des Tages: Ämter oder andere finanzielle Unterstützungsstellen sollten Reisen für E-Rollstuhlfahrer und andere Menschen mit Behinderung fördern und nicht unnötig erschweren-hier ist vor allem die Politik und die gesellschaftliche Denkweise gefragt!

Fotos: Florian Müller