MAIK 2013 – Klappe die Erste: Der Fluch der Öffentlichen Verkehrsmittel

Es geht mal wieder auf Städtetour, aber diesmal etwas anders. Ich bin mehr oder weniger geschäftlich unterwegs und mache das, was Journalisten und Autoren ständig tun müssen: Kontakte knüpfen! Das Helferinnen-Dreamteam von Berlin ist gesprengt, für drei Nächte wird gerade noch eine Helferin mit mir fertig. Ich bin als Referent zum Münchner außerklinischen Intensiv Kongress (MAIK), einem Beatmungskongress eingeladen. Ich werde über die Möglichkeiten, den Alltag mit dem Beatmungsgerät zu gestalten, sprechen. Ermöglicht hat mir die Teilnahme der Kontakt zur lieben Pressesprecherin Maria Panzer vom Veranstalter, dem Beatmungsservice Intensive Home Care Consulting GmbH (IHCC). Grund ist mein Blog! Ich hatte nämlich angefragt, ob ich diesen in der von ihr redaktionell betreuten Zeitschrift der IHCC, „Gepflegt Durchatmen“, vorstellen kann. Sie war gleich sehr interessiert und mittlerweile ist sie ein großer und bekennender Fan meines Blogs. Und auch wenn sie das jetzt bestimmt nicht lesen möchte, aber die Frau ist einfach Spitze! Immer erreichbar, von ihr kommt immer sofort eine Antwort und sie hat mir gleich einige Tipps gegeben, um jobtechnisch weiter zu kommen. Als sie mich gefragt hat, ob ich auf dem MAIK referieren möchte, habe ich deshalb keine Sekunde gezögert.

Und im November ist es dann soweit, ich darf mal wieder nach München, in die Stadt mit den begnadetsten U- und S-Bahnfahrern. Zunächst gilt es, den Aufzug zur S-Bahn zu finden, was gar nicht so einfach ist. Die erste große Herausforderung wartet allerdings noch auf uns: Als die richtige Bahn einfährt, schaue ich – was ich mir in Heidelberg zwecks Nervenschonung schon länger abgewöhnt habe – wie gebannt auf den Abstand zwischen Bahnsteig und S-Bahn. Er ist ziemlich groß und ich zögere eine gefühlte Minute, bevor ich mich entscheide, hineinzufahren. Inzwischen hatte der ungeduldige Fahrer nichts Besseres zu tun, als mindestens drei Mal die Türe zuzuschlagen. Meine Helferin wird fast zerquetscht. Ich warte auf den nächsten Moment, in dem die Türe aufgeht und gebe vorsichtig Gas, sofort packen zwei hilfsbereite Menschen mit an. Natürlich donnert die Türe einmal kräftig gegen den Rollstuhl und eine wütende bayrische Stimme prustet etwas durchs Mikrofon. So, geschafft, ich bin drin, durchgesetzt gegen alle Widerstände  Aber jetzt kommt der Hammer: Der Fahrer macht eine Durchsage in äußerst flapsigem Ton: „So, dieser Spaß hat uns jetzt drei Minuten gekostet, aber is ja egal, ich bekomm es sowieso bezahlt!“ … Ich bin fassungslos über so viel Dreistigkeit und Diskriminierung allererster Güte, einige Fahrgäste schütteln den Kopf. Ein Paradebeispiel, wie weit wir in Deutschland noch von der Verwirklichung der Inklusion entfernt sind … vor allem in manchen Köpfen!
Naja, ganz schuldlos an dem Desaster bin auch ich nicht. Denn wie ich mir vom Behindertenbeauftragten Münchens sagen lasse, müssen wir Rollstuhlfahrer einfach immer ganz nach vorne fahren zum Fahrer. Der legt dann eine Klapprampe an. Aber nur wenn er keinen Zeitdruck hat und nicht gerade schlechte Laune … 🙂

StraßenbahnNachdem wir im Hotel eingecheckt haben, verabrede ich mich mit einem alten Helfer, der in München studiert. Da alles etwas länger dauert, muss ich die ausgemachte Zeit zweimal korrigieren. Dann sind wir endlich in der Bahn, aber als wir am Marienplatz aussteigen wollen, ist der ominöse Spalt viel zu groß. Wir fahren eine Station weiter, steigen aus und entdecken zu unserer großen Freude, dass kein Aufzug vorhanden ist. Also, noch mal eine Station weiterfahren bis zum Hauptbahnhof. Mein alter Helfer muss nicht nur eine Zeitverzögerung in Kauf nehmen, er muss auch kurzfristig zu einem anderen Treffpunkt kommen. Immerhin war es dann ein gemütlicher Abend und die Aufregung schnell vergessen. Bei der Heimfahrt haben wir im Vorlauf in weiser Voraussicht und als gebrannte Kinder genügend Zeit eingeplant. Kurz bevor wir am Münchener Hauptbahnhof aus der S-Bahn steigen, ertönt in der Bahn eine Ansage, die uns völlig verwirrt: „Bitte rechts aussteigen, die Aufzüge befinden sich in Fahrtrichtung links.“ Wie bitte?? Genau das haben wir uns in diesem Moment auch gefragt. Die Erklärung ist banal, denn in München können die Fahrgäste entweder von links oder rechts in die S-Bahn ein- und aussteigen. Leider entscheiden wir uns für die falsche Seite ohne Aufzug, wäre ja auch zu schön gewesen. Wir warten auf die nächste Bahn, um dann durch diese hindurchzufahren, damit wir auf die andere Seite kommen. Gar nicht so einfach mit Klostuhl und viel Gepäck. Fast schon erleichtert kommen wir am Bahnsteig an und dürfen uns zur Belohnung anschnauzen lassen, dass wir ja viel zu spät dran seien. Seit diesem Moment weiß ich ganz sicher, dass ich nächstes Mal mit dem Kleinbus nach München fahren werde.
Ach ja, fast vergessen, ich war ganz nebenbei auch noch auf dem MAIK, einer grandiosen Veranstaltung! Aber davon berichte ich dann in Teil zwei.

Meine persönliche E-rkenntnis des Tages: In München brauchst du Helfer/Innen mit sehr guten Nerven!

Die E-Gebrauchsregel des Tages: Merke: Sei froh, dass du nicht mit dem E-Rollstuhl Öffentliche Verkehrsmittel nutzen musst.