Schlossbeleuchtung – aber nur mit Freunden, die Zivi-Eigenschaften haben

Ein guter Freund von mir möchte wissen, ob ich am Pfingstmontag mit ihm ein Orgel-Konzert in einer Heidelberger Kirche anhöre. Ich sage sofort zu, denn dieser Kumpel hat selten Zeit und ist wie ich fast immer schwer beschäftigt. Dafür nehme ich mal wieder die „Hoppelpiste“ der Heidelberger Altstadt in kauf. Da ich in meinem kleinen Rollstuhl sitze, dessen Vorderräder aus Hartgummi sind, schüttelt es mich besonders kräftig durch. Nach dem Konzert entschließen wir uns, noch in einem Brauhaus etwas zu essen. Weiter geht’s über alle Kopfsteinpflaster dieser Welt und plötzlich beginnt mein rechtes Vorderrad zu eiern. Ich lasse meinen Helfer nachschauen und dieser bestätigt meine Befürchtung: Das Rad hängt nur noch am seidenen Faden. Zum Glück habe ich immer ein Werkzeug-Notfall-Set dabei und mein Kumpel geht sofort auf Tauchstation. Mitten auf der Fußgängerzone stehe ich da, mein Freund halb liegend unter meinem Rollstuhl und kräftig am Schrauben. Schließlich geht es weiter.

Beim Brauhaus bin ich froh, dass ich meinen kleinen, leichten Rollstuhl dabei habe. Es geht drei Stufen hoch und der Eingang ist äußerst eng. Kurz vor 22 Uhr erwähnt mein Kumpel beiläufig, dass heute ja mal wieder Schlossbeleuchtung sei. Ich bin sofort hellwach, da ich die Schlossbeleuchtung noch nie live erlebt habe. Das Schloss sehe ich zwar nicht, bekomme aber wenig später das gigantische Feuerwerk auf der Brücke mit. Wir besprechen kurz, dass wir danach sofort zur Straßenbahn fahren, um den Menschenmassen und dem schlechten Wetter zu entgehen.

IMAG1461

Als der letzte Knall verhallt ist, beginnt der große Auftritt meines Kumpels. Er schnappt meinen Rollstuhl und sprintet mit mir zusammen los. Mein Helfer muss schauen, dass er hinterher kommt. Weil mein Kupel sein Fahrrad in der Nähe der Alten Brücke stehen hat, versuche ich ihn zu überzeugen, dass ich das letzte Stück zur Haltestelle mit meinem Helfer problemlos alleine schaffe. Aber er erwiedert nur, jetzt keine Experimente machen und seine Mission zu Ende bringen zu wollen. Mit Karacho geht’s Richtung Bismarckplatz, erstmals fahre ich direkt auf den breitesten Hauptstraßen Heidelbergs. Diese sind für die Schloßbeleuctung immer gesperrt. Als wir auf dem Bahnsteig ankommen, fährt gerade die Bahn ein. Ein klarer Fall von perfektem Timing. Ich bedanke mich und mein Kumpel beginnt, ungefähr zwei Kilometer zurückzulaufen.

Meine persönliche E-rkenntnis des Tages: Es lohnt sich, über grobes Pflaster zu hoppeln.

Die E-Gebrauchsregel des Tages: Achtung, Rollstuhlfahrer können zu schnellen Geschossen werden.