Ich habe schon unzählige Versuche unternommen, an einen festen Job oder neue Aufträge zu kommen. In meinen Bewerbungsgesprächen war ich bisher nicht gerade vom Glück verfolgt. Meistens waren es immer dieselben Punkte, wieso ich eine Absage bekommen habe: Einerseits gab es Bedenken, dass ich aufgrund meiner Situation als E-Rollstuhl-Fahrer nicht flexibel und leistungsfähig genug bin, andererseits bin ich Quereinsteiger und kein gelernter Journalist. Außerdem habe ich das Pech, als Texter einer sehr großen Konkurrenz ausgesetzt zu sein.
Irgendwann habe ich beschlossen, bei meinen Bewerbungsaktionen mehr auf persönliche Kontakte zu setzen, denn Beziehungen sind bekanntlich die halbe Miete! Vor ein paar Wochen bin ich in die Gruppe „Rhein-Neckar-Netzwerk“ des Sozialen Netzwerks Xing eingeladen worden. Xing ist vergleichbar mit Facebook, hauptsächlich bezogen auf Geschäftsleute beziehungsweise Arbeitnehmer. Jeden Monat findet ein Netzwerktreffen statt und dieses Mal geht es um die Gestaltung von Homepages. Ich denke mir, dass dies für mich ganz nützlich sein könnte, um neue Kontakte zu knüpfen.
Als ich in das Hotel hineinfahre, wo das Treffen stattfindet, bin ich sehr gespannt, was mich erwartet. Hoffentlich nicht lauter Geschäftsmänner, die wahnsinnig wichtig sind und mir nicht die geringste Beachtung schenken. Ich fahre langsam auf eine Gruppe zu, die im Kreis beieinander steht. Vielleicht kann ich mich am Gespräch beteiligen, aber es kommt zu einen Reflex, der geradezu typisch ist: Sie wollen unbedingt sofort Platz machen und mich vorbeilassen. Dabei wollte ich ja nur am Gespräch teilnehmen und die Leute begrüßen. Der erste Kontaktversuch ist also gescheitert und ich bin froh, als ich die Moderatorin der Netzwerk-Gruppe an einem Stehtisch erblicke. Ohne zu zögern, steuere ich auf sie zu. Ich stelle mich vor und sie wirkt ziemlich überrascht. Erst als ich ihr erkläre, dass sie mich in die Gruppe eingeladen hat, kommt sie langsam in die Gänge. Ihr Gesprächspartner ist ebenfalls ziemlich überrumpelt, da ich ihn zunächst verwechsle und unvermittelt von meiner Tätigkeit und dem Grund meiner Anwesenheit berichte. Meine Gesprächspartner verstehen mich aufgrund des hohen Lärmpegels im Besprechungsraum nicht wirklich gut. Ich bin froh, dass ich mein Beatmungsgerät laufen habe, denn sonst würde mich wahrscheinlich gar niemand verstehen.
Dennoch habe ich ein Problem, das wohl der Klassiker unter den Kommunikationsproblemen von Rollstuhlfahrern ist: Ich befinde mich fast eine Etage tiefer wie meine stehenden Gesprächspartner. Die Tatsache, dass es nur Stehtische gibt, erschwert die Kontaktaufnahme erheblich. Die meisten „Netzwerker“ sehen gar keine Veranlassung, sich zu mir etwas herunterzubeugen, geschweige denn in die Hocke zugehen. Immerhin kann ich mich mit einer netten Frau aus der Personaldienstleistungs-Branche ein wenig unterhalten.
Dann geht’s offiziell los und es gibt eine kleine Vorstellungsrunde. Als ich an der Reihe bin, versuche ich so locker und witzig wie möglich etwas von mir zu erzählen. Dass gelingt mir sehr gut und ich habe einige Lacher auf meiner Seite. Das dürfte zur allgemeinen Entspannung beitragen, denn durch meinen Auftritt mit Beatmungsmaske habe ich doch einige sehr erschreckt. Kurz nach dem Vortrag eines Referenten kommt ein netter Typ auf mich zu, beginnt ganz normal mit mir zu quatschen und das Beste: Da er mich ums verrecken nicht verstehen kann, schnappt er sich einen Stuhl und setzt sich drauf. Echt cool, da denkt jemand mit! Es sind einige nette Leute beim Treffen dabei und ich kann mich mit einem von ihnen noch ein bisschen unterhalten. Mit Geschäftskontakten war ich zwar nicht sonderlich erfolgreich, aber das Live-Kontaktexperiment mit einer Gruppe aus einem Sozialen Netzwerk ist nach anfänglichen Schwierigkeiten noch ganz gut geglückt.
Meine persönliche E-rkenntnis des Tages: Schön selbstbewusst auftreten und den Mut haben, Kommunikation zu wagen.
Die E-Gebrauchsregel des Tages: Immer locker bleiben und nach unten schauen!