Ein überraschend angenehmer Krankenhausbesuch

Meine Helferin findet nach kurzer Recherche die Telefonnummer der chirurgischen Ambulanz der Uniklinik Heidelberg heraus. Ich habe gleich jemand am Apparat und frage, ob viel los sei. Die Anmeldedame der Notfall-Ambulanz gibt leichte Entwarnung und sagt, dass wir einfach vorbeikommen sollen. Ich beiße auf die Zähne und lasse mich aus dem Bett heben, das ich heute schon ziemlich lange gehütet habe. Dort ist die Gefahr am geringsten, dass ich meinen Fuß einer größeren Belastung aussetze und etwas weh tut. Schuhe kann ich ohnehin nicht anziehen, was aber das geringste Problem ist. Ich lege ein Schaumstoffpolster auf die Fußstütze und decke den Fuß im dicken Socken mit einem Handtuch zu. Es geht besser als ich erwartet habe und wenig später fährt mich dieselbe Taxifahrerin wie Tags zuvor in die Ambulanz. Dann kann ich plötzlich meine Versicherungskarte nicht mehr finden, aber zum Glück habe ich noch einen Befreiungsausweis bei mir. Ich warte zu meiner großen Freude keine 10 Minuten und gebe der diensthabenden Krankenschwester Auskunft über meinen Unfall. Sie zieht den Socken aus und betastet sehr sorgfältig meinen Fuß. Ich bin erleichtert, dass sie nicht grob ist und zudem sehr unaufgeregt agiert. Erste heikle Hürde überstanden, denke ich mir und bin für die weitere Prozedur etwas zuversichtlicher.

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IMG_1286[1]Dann holt sie den zuständigen Arzt, der ziemlich nett und entspannt ist. Er ist noch relativ jung und hört sich meine Geschichte in aller Ruhe an. Auch er ist sehr, sehr vorsichtig und sieht die Sache nicht so kritisch, wie ich befürchtet habe. Auf jeden Fall muss ich aber den Fuß röntgen lassen, worauf ich am wenigsten Lust habe. Rauf auf eine äußerst harte Liege und wahrscheinlich ziemlich schmerzhaft für meinen Fuß… Die Röntgen-Frau ist ebenfalls ziemlich nett und meint, dass es klappen könnte, meinen Fuß im Sitzen zu röntgen. Ich bin begeistert! Neben mir im Schrank sehe ich ziemlich viel Lagerungsmaterial und die Frau versucht alles, meinen Fuß von allen Seiten möglichst schmerzfrei unter die Lupe zu nehmen. Mit ein bisschen Geduld bekommt sie die benötigten Bilder hin. Ich bin äußerst froh, dass alles im Sitzen über die Bühne geht und muss nur ab und zu ein wenig auf die Zähne beißstock-photo-27765440-happy-doctor-cartoonu14296860en.

 

 

 

 

 

Nun warten wir darauf, wie die Diagnose des Arztes ausfällt und meine Spannung steigt merklich. Dann geht endlich die Türe auf und der Arzt kommt herein. Es ist nichts gebrochen und ich atme innerlich erleichtert auf. Ein Gips hätte mir wirklich gerade noch gefehlt. Aber mit meiner diagnostizierten Prellung werde ich auch noch ein Weilchen meine Freunde haben, da mir die Bewegung fehlt und der Heilungsprozess dadurch länger dauert. Aber das ist jetzt erst mal nebensächlich. Er frägt mich, ob ich schon mal so einen ähnlichen Unfall hatte und ich bejahe. Auf dem Röntgenbild ist tatsächlich noch eine alte Fraktur zu erkennen. Ich muss unwillkürlich grinsen und erinnere mich nur zu gut, dass ich damals vor 5 Jahren nicht einmal zum Arzt gegangen bin. Auch diesmal hätte ich es mir im Prinzip sparen können, da der Arzt lediglich Schmerzmittel verschreibt. Aber es ist schon gut, dass ich jetzt 100-prozentig sicher bin, den Fuß nicht gebrochen zu haben! Erstaunlich gut gelaunt lasse ich mich mit dem Taxi nach Hause chauffieren.

Meine persönliche E-rkenntnis des Tages: Füße von E-Rollstuhlfahrern können auch im Sitzen geröntgt werden.

Die E-Gebrauchsregel des Tages: Es ist sehr wohltuend, wenn Ärzte und Klinikmitarbeiter nett und sensibel sind.

Start ins neue Jahr mit Nachwirkung

Ich fahre schon während der Zugabe aus dem Saal, um später nicht in den Menschenmassen steckenzubleiben. Draußen im Foyer fahre ich Richtung Eingang und postiere mich an einer geschickten Stelle, wo ich möglichst nicht im Weg stehe. Meine Assistentin holt unsere Jacken und zieht mich an. Ihre Kollegin, die heute bei mir Nachtdienst hat und sie ablöst, steht schon bereit. Jetzt müssen wir nur noch warten, bis der freundliche Mitarbeiter von vorhin den Aufzug holt. Zum Glück nehmen wir dieses Mal die Lastenhebebühne, die außen am Gebäude hoch- und runterfährt. Die Ladefläche ist schön groß und ich habe nicht jeden Moment Angst, runterzustürzen. Außerdem befindet sich die Plattform der Hebebühne nur wenige Meter neben dem Taxistand, wo mein Abholservice bereits wartet. Da ich mittlerweile ziemlich schief im Rollstuhl sitze und Gefahr laufe, während der Fahrt den Berührungssensor auf meinem Rollstuhltisch neben der Steuerung auszulösen, lasse ich diesen mit einem kleinen Schalter seitlich am Rollstuhl ausschalten. Ziemlich blöd ist, dass man nicht erkennt, falls der Sensor ausgeschaltet ist. Zudem handelt es sich um eine neue Funktion, die meine Helfer noch nicht automatisiert haben. Deshalb kommt es wie es kommen musste: der Sensor ist immer noch aktiviert, was ich nicht ahne. Der Rollstuhl macht genau das, was ich nicht will und beschert mir um ein Haar einen gebrochenen Fuß.

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Ominöser roter Schalter

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Steuerknüppel und silberner Berührungssensor

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Die Neigung meines Rollstuhlsitzes fährt plötzlich von alleine immer weiter hoch und meinen linken Fuß, der an der Ferse etwas mit der Fußstütze verklemmt ist, biegt es mit einer gefühlten gigantischen Kraft immer weiter nach unten. Bevor ich einen klaren Gedanken fassen kann, schießt Panik in mir hoch und ich rufe nur verzweifelt: „Mein Fuß, mein Fuß, oh nein mein Fuß…!“ Hätte ich den Rollstuhl einfach schnell ausschalten lassen, wäre vielleicht nichts passiert. Aber das sagt sich hinterher immer leicht. Nach ein paar Sekunden des Schocks lasse ich meinen linken Fuß, der unter einer großen Spannung verklemmt ist, nach vorne ziehen. Zum Glück funktioniert das relativ problemlos und dank meines hohen Adrenalinpegels verspüre ich keine allzu großen Schmerzen. Natürlich pocht der Fuß wie wild… Das in diesem Moment viel größere Problem ist, dass ich komplett nach oben geneigt bin, mein Kopf etwas nach hinten hängt und ich keine Chance mehr habe, an meinen Steuerknüppel zu kommen. Es hilft alles nichts, nun muss meine Assistentin mit meinem Steuerknüppel durch das Menü meiner Rollstuhlsteuerung navigieren. Das ist alles andere als einfach, da die Steuerung auf meinen persönlichen Kraftverhältnisse ausgelegt ist und jeder andere dafür viel zu viel Kraft hat. Nach einigen Fehlversuchen klappt es endlich und mein Rollstuhlsitz fährt wieder nach unten. Nun bin ich abfahrbereit und atme trotz der unangenehmen Begleiterscheinungen tief durch.

IMG_1260IMG_1256                                                                Unser Glück ist, dass die Taxifahrerin sehr geduldig wartet, während sich in ihrem Taxi ein mehr oder weniger übliches Neujahrs-Drama abspielt. Andere Fahrer wären vielleicht panisch geworden und hätten irgendwann rumgenervt, dass sie aber nicht mehr den ganzen Abend Zeit hätten. Die Fahrerin frägt mich, ob sie nicht gleich ins Krankenhaus fahren soll, aber ich lehne sofort ab. Da ich schon relativ lange im Rollstuhl sitze, wären mir geschätzte weitere 3 Stunden definitiv zu viel des Guten. Natürlich hoffte ich insgeheim, dass es nicht ganz so schlimm ist und ich noch einmal um einen Krankenhaus-Besuch herumkomme. Als ich im Bett liege und den Schuh ausgezogen habe, fühlt es sich sogar relativ gut an. Zum Glück hat meine Assistentin kleine Kinder und daher für Notfälle alles Zuhause: Fiebersaft, Schmerzsalbe und Kühlpacks. Wir cremen den Fuß ein, wickeln einen Verband darum und legen ein Kühlpack darauf. Zunächst fühlt sich das sehr gut an und ich gebe meiner anderen Assistentin und Konzert-Begleiterin erste Entwarnung. Später entwickelt sich aber ein ziemlicher Schmerz, was mich angesichts der irrsinnigen Kräfte, die auf meinen Fuß gewirkt haben, eigentlich nicht wirklich wundert. Irgendwann geht es nicht mehr anders und ich greife zum Schmerzmittel, aber die Nacht verläuft trotzdem nicht sehr angenehm. Am nächsten Morgen ist der Fuß ziemlich blau und jede falsche Bewegung tut weh. Meine Assistentin fleht mich förmlich an, die Sache im Krankenhaus abklären zu lassen. Zähneknirschend stimme ich zu.

Meine persönliche E-rkenntnis des Tages: Mein E-Rollstuhl birgt ein unkalkulierbares Gefahrenpotenzial in sich.

Die E-Gebrauchsregel des Tages: Mit etwas Geduld und Fingerspitzengefühl kann man eine große Hilfe sein.