„Mit dem Rollstuhl am Neckar unterwegs“ – Teil 2

Jetzt beginnt der unbefestigte Teil des Weges, der zwar etwas mühsamer zu befahren ist, aber wunderschön idyllisch anmutet ähnlich einer Allee. Für meinen E-Rollstuhl ist der Feldweg mit Kieselsteinen und Grünstreifen in der Mitte kein Problem – eher schon für mich, der ich kräftig durchgeschüttelt werde. Indem ich den Grünstreifen zwischen meine Räder nehme, geht es einigermaßen. Die anderen kommen recht gut hinterher, nur mein Kumpel und Aktiv-Rollstuhlfahrer Chris muss seine Greifräder ganz schön kräftig bearbeiten. Insbesondere die Teilnehmer, die noch nie in einem Schieberollstuhl unterwegs waren, haben Mühe. Immerhin erbarmt sich der eine oder andere Läufer als „Anschub-Unterstützung“. Jedenfalls bekundet die Frau von Hans Stahl ebenfalls, dass es ein spezielles Gefühl sei, den Weg eine Etage weiter unten bewältigen zu müssen. Die spezielle Situation im „Schieberollstuhl“ bestätigt auch ein Kumpel von mir und mein Assistent, der oft mit dem Rad fährt, findet es ziemlich anstrengend, sich ständig mit bloßer Hände-Power fortzubewegen zu müssen.

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Als wir zu der Stelle kommen, wo es etwas waldiger wird, hält es der kleine Radfahrer nicht mehr aus und überholt mich. Das macht ihm sichtlich Spaß. Ich verstehe schon und lasse mich zur Entlastung ein paar Meter von meinem Assistent fahren. Nach der nächsten Kehre erkennen wir Neckarhausen vor uns und biegen scharf links ab, um eine kurze aber knackige Rampe zu erklimmen. Während ich es gerade so alleine schaffe, braucht der eine oder andere Unterstützung. Oben angekommen fahren wir auf dem Gehweg neben der Hauptstraße zwischen den beiden Ortsteilen.

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Immer weiter vorwärts: Wie an der Perlenschnur gezogen.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht an der Bushaltestelle ein genialer Oldtimer, es ist Oldtimer-Treffen im benachbarten Örtchen Ladenburg, wo Carl Benz seine ersten Fahrzeuge zusammenschraubte. Da ist natürlich ein Schnappschuss Pflicht. Nach wenigen Metern geht es leicht rechts ab, näher an den Neckar heran. Jetzt wird es wieder sehr idyllisch, aber geteert, sodass ich endlich mal richtig Gas geben kann. Nur einer kann mithalten und überholt mich natürlich: Mein Kumpel Lars, der etwas mehr PS hat als ich. “Mir kannst du nicht so leicht entwischen“, ruft er mir mit einem breiten Grinsen zu, als er an mir vorbeirauscht. Bevor es über die Straße über den Parkplatz des Schwimmbad zum Hallenbad-Bistro „Azzurro“ geht, warte ich auf die anderen.

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Traumauto: An so einem Fahrzeug kommt kein Auto-Liebhaber vorbei!!

Auf der anderen Straßenseite bekomme ich ein Dauergrinsen: Ich erblicke eine schwarze, wunderschöne S-Klasse von Mercedes. Wenig später sind wir beim Bistro, was für ein Hallenbad-Imbiss ein erstaunlich einladendes Ambiente hat. Ein Teil der Runde verabschiedet sich jetzt, aber wir sind immer noch eine schöne und unterhaltsame Gruppe. Es wird jetzt richtig warm und wir sind froh, mittlerweile unter dem Sonnenschirm zu sitzen und etwas Kühles zu trinken. Aufs Essen müssen wir leider verhältnismäßig lange warten, aber wir unterhalten uns prächtig. Vor allem der stellvertretende VdK-Vorsitzende Achim mit seinen originellen Sprüchen und mein Assistent als professioneller „Wespen-Fänger“ sorgen für eine ungezwungene Stimmung.

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Guten Durst!: Bei diesen Temperaturen ist ein Bistro-Besuch genau das richtige.

Gut gesättigt nehmen wir den Rückweg in Angriff, den wir wesentlich schneller hinter uns bringen. Wir unterhalten uns nebenbei angeregt und nehmen mit unseren Rollstühlen zeitweise die ganze Breite der Straße ein. Urplötzlich kommt von hinten ein Radfahrer ohne zu klingeln angeschossen. Da der Platz zu knapp wird, weicht er auf den Straßenrand aus und der Ast eines Laubbaums trifft ihn mitten ins Gesicht. Wir erschrecken ziemlich, regen uns aber nur kurz über den Raser auf. Unserer guten Laune tut dies sowieso keinen Abbruch, zumal es ohne einen einzigen Zwischenfall ja auch irgendwie etwas langweilig geworden wäre.

Meine persönliche E-rkenntnis des Tages: Ein Hallenbad-Bistro kann richtig cool sein.

Die E-Gebrauchsregel des Tages: Menschen im Rollstuhl fahren tatsächlich auf die Seite für dich, wenn du sie darauf aufmerksam machst!

Veröffentlicht unter Alltag