Immer diese Kirchen(Fuß)gänger

Nach meinem Umzug musste ich einige Wochen mit der Straßenbahn fahren, wenn ich die Gottesdienste meiner Kirchengemeinde besuchen wollte. Da es nie ganz klar ist, ob die geeignete Bahn kommt, bin ich sicherheitshalber mit meinem kleinen Schieberollstuhl – liebevoll auch Stadionrolli genannt – auf Tour gegangen. Naja, war alles halb so schlimm, da es auf den Sommer fiel. Viel schwerer wog, dass ich in meinem kleinen Rolli absolut unbeweglich bin und eine Etage tiefer wie alle Fußgänger dieser Welt sitze. Ich bin also darauf angewiesen, dass die Leute von selbst auf mich zukommen. Eigentlich ja nicht so schwer, sollte man meinen. Außerdem bin ich ein sehr offener und kommunikativer Mensch, der sich über jeden Gesprächspartner freut.

Also, steigen wir ein in die Szenerie: Ich sehe einen alten Kumpel in der Kirchenbank sitzen, der mittlerweile in einer anderen Stadt studiert. Ich freue mich schon auf die Unterhaltung nach der Kirche. Nach dem Schlussgebet kann ich mich leider nicht sofort zu meinem Kumpel umdrehen, also warte ich. Und zum Glück kommt gleich mein Helfer um die Ecke. Sofort gebe ich ihm zu verstehen, dass er mich drehen soll. Da sehe ich auch schon wieder meinen Kumpel und rufe nach ihm. Aber aus irgendeinem Grund registriert er mich nicht und irgendwann geb ichs auf.

Draußen im Vorraum ist es ziemlich voll und ich verzichte darauf, mich zu irgendeinem potenziellen Gesprächspartner hinfahren zu lassen. Ein paar Jugendliche stehen im Kreis zusammen und unterhalten sich angeregt. Leider sehen sie mich nicht und ich friste einsam mein Dasein. Ansonsten wäre ja alles kein Problem: Denn wenn ich mich mal ins Gespräch einschalten kann – sofern die Voraussetzungen gegeben sind, freuen sie sich sofort und hören mir interessiert zu.
Als ich so vor mich hin sinniere kommt einer meiner besten Kumpels und reißt mich aus den Gedanken. Sofort beschließen wir, dass auf jeden Fall noch ein, zwei Bierchen in unserer Stammkneipe drin sind. Ein paar andere Jugendliche kommen ebenfalls mit und es wird doch noch ein gelungener Abend.

Meine persönliche E-rkenntnis des Tages: Kommunikation ist möglich, wenn die Rahmenbedingungen passen!

Die E-Gebrauchsregel des Tages: Immer schön aufmerksam! Rollstuhlfahrer sind in der Regel tolle Gesprächspartner!