„Marcel gibt Gas“ und fliegt davon…

Mitten im Alltagsleben, in neuen Reiseplänen, in der Lust auf neue Abenteuer, mitten in der Phase in der mal grade alles läuft, ist Marcel eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht, hat sich quasi heimlich davongemacht… (ganz ohne Sorgen, Ängste oder Intensivstation).

Nur in unseren Herzen ist er noch tief verankert,

  • der treue Freund
  • Sohn
  • Bruder
  • Reisebegleiter.

Zurück lässt er satte Lust zu leben, Grenzen zu sprengen und das Unmögliche möglich zu machen.

Zurück lässt er sehr viel Akzeptanz, Respekt und Liebe gegenüber den Menschen, die ihn umgeben.

Zurück lässt er Mut, ein Feuerwerk an Ideen, tiefen Glauben an den Schöpfer und Lenker, … und seinen Rolli.

Danke Marcel für Dein Sein und Deine Liebe!

Eure Trauernachrichten könnt ihr an Marcels Papa, Reiner Renz schreiben.

Trauerfeier
Wir verabschieden uns von Marcel im Rahmen einer Trauerfeier am Samstag, 18. November um 14:00 Uhr in der Neuapostolischen Kirche Heidelberg; Werderstraße 7.

Vielen Dank, dass wir weiterhin Deine Beiträge lesen dürfen:

Samstagabends in der Bahn und ein „hombre“

Handball in Leutershausen war mal wieder klasse: Mittendrin statt nur dabei! Aber jetzt bin ich müde und kann eigentlich nichts mehr brauchen. Das Problem ist nur, dass ich an einem Samstagabend in der Bahn unterwegs bin und viele Jugendliche in Feierlaune ebenfalls. Niveauloses Geschwätz und schlechte Witze sind da noch das geringste Übel, wobei es angereichert mit Alkohol ziemlich unangenehm werden kann. An der nächsten Haltestelle steigt eine Gruppe Jugendlicher ein, die ordentlich Party machen wollen. Ein junges Mädel mit hochhackigen Schuhen und aufreizend kurzem Rock hat eine halbvolle Sektflasche in der Hand, von der alle abwechselnd trinken. Mir wird schon vom Zuschauen schlecht. Ein anderer aus dieser Gruppe trägt zu allem Überfluss auch noch ein dröhnendes Taschenradio in der Hand. Als zusätzlich ein älterer Herr mit seinen zwei Hunden einsteigt, entsteht endgültig ein rücksichtsloses Gedränge und Geschiebe. Nicht dass ich nur Angst um mein Beatmungsgerät bekomme. Auch die Lichtschranke spielt dadurch verrückt und verhindert am laufenden Band, dass die Türe zugeht und die Fahrt weitergeht. Die Fahrt nervt also nicht nur, sie verzögert sich auch immer mehr – ein entspannter Samstagabend scheint weit entfernt…

Manchmal muss man einfach cool sein

Bald sind wir am Hauptbahnhof Heidelberg und so langsam erkenne ich Licht am Ende des Tunnels. Aber zu früh gefreut, denn plötzlich kommt ein ziemlich aufdringlicher Kerl, ein türkisch- oder spanischstämmiger junger Mann wie mir scheint, auf uns zu. Klarer Fall: Ein „Coolman“ wie er im Buche steht! So wirkt das Ganze jedenfalls auf mich. Und als der Typ meine Helferin mit Blick auf mich auch noch frägt, was „ihm“ denn passiert sei, ist meine Toleranzgrenze nahezu überschritten. Diese gibt nur zurück, dass er mich doch auch selber fragen könne. Dann passiert etwas, womit ich nicht gerechnet hätte. Der junge Mann wirkt nicht etwa überfordert, er fragt wirklich interessiert, was denn bei mir los sei. Als ich ihm die Kurzversion erzähle, gibt er zurück, dass seine Mutter wochenlang im Wachkoma gelegen habe. Das macht mich nachdenklich und ich habe plötzlich Respekt vor ihm. Durch seine Erfahrungen kann er sich in etwa vorstellen, was es heißt, mit mehr oder weniger großen Einschränkungen zu leben. Und er kann verhältnismäßig locker damit umgehen.

Aber seinen großen Auftritt am Ende braucht er dann doch noch. Zu unserer Belustigung dreht er sich zu seinen Kumpels um, die ein paar Meter weiter weg stehen: „Hey, das ist mein hombre*! Wenn ihr dem irgendetwas macht, ey dann fick ich euch alle!“ Oh Mann, ganz schön derbe „Coolman“-Sprache… Aber trotzdem, er zeigt mir seine Solidarität und ich bin ihm anscheinend nicht egal. Wenige Augenblicke später ist er in der Dunkelheit verschwunden. Die restliche Rückfahrt vergeht wie im Flug, da wir so eine ereignisreiche Fahrt eher selten erleben.

Meine persönliche E-rkenntnis des Tages: Eine Bahnfahrt samstagabends hat Risiken und Nebenwirkungen, aber durchaus ihren Reiz.

Die E-Gebrauchsregel des Tages: Wer Menschen im E-Rollstuhl direkt und ehrlich interessiert anspricht, macht nichts falsch!

* Kommt aus dem Spanischen und bedeutet so viel wie guter Kumpel

3.538 Gedanken zu „„Marcel gibt Gas“ und fliegt davon…

  1. Wo nimmst du nur diese Energie her? Habe progressive Muskeldystrophie und bin nur noch mit mir und meiner Arbeit beschäftigt. Für mehr bleibt kaum Kraft. Respekt und Grüße aus Leimen!

  2. Lieber Marcel,
    fantastisch ist dein Inklusionsblog! Es ist vorbildlich, wie du in deiner Situation „Gas gibst“. Du hast immer neue wieder neue Ziele, gibst nie auf, sondern entwickelst neue Kräfte und hast „fesselnde“ Ideen. Ich freue mich sehr für dich und wünsche dir auch im Jahr 2021 viel Gelingen und grüße herzlich!

  3. Lieber Marcel, vielen Dank für das Video und den Einblick in dein tägliches Leben. Sachlich, mit Humor gewürzt und anschaulich. Glückwunsch zum gelungenen Auftritt!! Ich wünsche dir auch im neuen Jahr viele positive
    Begegnungen und Gespräche. Vielleicht sehen wir uns einmal wieder.
    Drücke auch deinen freunden und Helfern meine aller größte Hochachtung aus.
    Liebe Grüße dein Bernd Dittus
    p.s. der aufmerksame Beobachter kann sehr viel zwischen den zwischen lesen.

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